Tabuthema Finanzen

Nothing ventured, nothing gained

Autor: Leon L. Bensch

zuletzt aktualisiert am 06. August 2023

„Niemand spricht über Geld, doch alle denken daran“, schrieb André Kostolany in seinem Buch Die Kunst, über Geld nachzudenken. Jeder hat Gründe, nicht über Geld zu sprechen. Aber es gibt genügend, um es erst recht zu tun. 

 

Die einen gefallen sich lieber in der Rolle des Designers, Sängers, Schauspielers, Politikers, Schriftstellers, Models oder Wissenschaftlers, inzwischen ja auch Influencers. Für sie steht das persönliche Vermächtnis an die Welt im Vordergrund. Natürlich werden sie versuchen den maximalen Geldbetrag aus ihrer (geistigen oder körperlichen) Schöpfung herauszuholen. Die anderen sehen sich nicht in der Lage jemals in Besitz von viel Geld zu kommen und sprechen lieber nicht davon, bevor sie zugeben müssten, in der Welt, in der sich alles ums Geld dreht, erfolglos zu sein. Und diejenigen, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld, behalten es lieber für sich, um keinen Neid zu schüren.

 

In der Tat wird viel über Geld gesprochen, insbesondere in Börsen- und Finanzzeitschriften, Online-Magazinen, auf YouTube-Kanälen und in Blogs. Und ja, auch ich schreibe über Geld und versuche dabei allen Normalverdienern, wie ich es bin, Mut zu machen, sich selbst um die Altersvorsorge zu kümmern, um sich langfristig ein Vermögen aufzubauen, von dem man später einmal unabhängig von finanziellen Zwängen und Einschränkungen, gut leben kann. Ob es so kommen wird, weiß niemand, denn bekanntlich kann niemand in die Zukunft sehen.

Erfolg ist Ansichtssache

Meistens lesen wir Interviews von erfolgreichen Menschen, die darüber berichten, wie sie mit dem Thema Geldanlage umgehen und wir denken darüber nach, wie sie uns als Vorbilder dienen könnten. Wenn die das hinbekommen, dann schaffe ich das vielleicht auch? Wenn ich nur wüsste wie sie es gemacht haben? Erfolgreiche Magazine verkaufen gerne Geschichten von erfolgreichen Menschen an ihre erfolgreiche Leserschaft. Verständlich, denn die Redakteure müssen schließlich für ihren Job bezahlt werden. Viel zu wenig bis gar nichts erfahren wir darüber, wie viel (Start-)Geld jemandem zum Vermögensaufbau zur Verfügung stand, als er bzw. sie damit angefangen hat. Wer mit 1.000 Euro beginnt, hat es schwerer, als wer mit 100.000 Euro beginnt. Aber, nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern am besten einmal drüber sprechen und loslegen.

Wer den Pfennig nicht ehrt…

Was heißt überhaupt Vermögen? Was heißt finanziell unabhängig? Und was heißt gut leben? Für mich bedeutet das, einfach ausgedrückt, dass ich mir alle Wünsche jederzeit erfüllen kann, die mich persönlich glücklich machen und mir nicht das Gefühl geben, auf irgendetwas verzichten zu müssen. Ich möchte nicht auf den berühmten Pfennig schauen. Hätte ich vor eine Millionenvilla zu kaufen, dann wüsste ich jetzt bereits, dass ich hart dafür arbeiten muss. Aber, und das ist die entscheidende Frage, die ich mir stelle: wäre eine Millionenvilla etwas, das mich glücklich macht? Wenn jemanden eine Millionenvilla glücklich macht, gönne ich ihm/ihr das und blicke nicht neidisch hinüber.

 

Wir sollten in uns hineinhorchen und fragen, was uns im Leben wichtig ist. Wir sollten viel über Geld lesen, und viel darüber sprechen. Ohne unsere privatesten finanziellen Verhältnisse in der Öffentlichkeit auszubreiten, sollten wir möglichst konkret werden und Tabus über Bord werfen.

Und wie viel verdienst Du so?

Fangen wir sofort damit an. Wie viel verdienst Du? Ich verdiene 2.500 Euro nach Abzug aller Steuern Sozialbeiträge. Das ist echt nicht viel. Ich besitze keine Immobilie. Ich habe kein eigenes Auto. Ich fahre mit dem öffentlichen Nahverkehr ins Büro. Ich habe einen Online-Shop. Ich hatte mal eine Kapitallebensversicherung, weil ich glaubte, dass ich damit an den steigenden Kursen der Kapitalmärkte teilhaben werde. Aber das meiste Geld steckte sich die Versicherung in die eigene Tasche und deswegen habe ich die Versicherung gekündigt. Ich beschloss daraufhin, mich um meinen Vermögensaufbau selbst zu kümmern. Erst im Nachhinein verstand ich, dass das, was die Versicherung mit meinem Geld über all die Jahre gemacht hatte, für mich reine Zeitverschwendung war und für die Versicherung ein gutes Geschäft. Hätte ich gewusst, wie das läuft, dann hätte ich….

Hätte, hätte, Fahrradkette

Aus diesem Fehler habe ich gelernt und wiederhole ihn nicht. Was müssen wir in der Kommunikation über Geld anders machen? Wir müssen viel mehr aufklären, welche Geldanlagen für uns wirklich sinnvoll sind? Ist eine Kapitallebensversicherung nützlich? Und wie viel kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Was passiert, wenn ich eines Tages in meinem Beruf nicht mehr arbeiten kann? Welche Gebühren muss ich für eine Transaktion bezahlen? Welche Kündigungsfristen sind einzuhalten? Wie hoch ist der Garantiezins? Und was ist ein effektiver Jahreszins? Lohnt es sich eine Risikolebensversicherung abzuschließen? Und was ist mit den anderen Finanzprodukten? Es gibt ja unzählige? Wie sollen wir uns da zurechtfinden? Es benötigt viel Aufklärungsarbeit.

Keine Zeit verlieren

Beim Thema Vermögen geht es auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Stichwort: Ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland. Wenn Millionenvermögen, die aufgrund unserer Wirtschaftsstrukturen und einem unzulänglichen Erbschaftssteuergesetz von Generation zu Generation steuerfrei weitergegeben und angehäuft werden, dann dürfen wir darüber nicht nur, sondern müssen reden und am besten jetzt gleich handeln. Wenn der Staat davor zurückschreckt, geerbte Millionenvermögen vor der Steuer zu verschonen, dann sollte er wenigstens die Generation X, die Millennials oder die Gen Z mit einer geringen Aussicht auf eine gute Rente den Start in den privaten Vermögensaufbau unterstützen, beispielsweise durch Förderprogramme, Steuererleichterungen, finanzielle Zuschüsse, und nicht indem er uns eine völlig verkorkste Riester-Rente oder Rürup-Rente als Lösung aufschwatzt. Der Staat hat leider in Bezug auf die Vermögensbildung seiner Bürger:innen seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Über Geld reden

Somit bleibt uns keine andere Möglichkeit, als uns selbst darum zu kümmern. Möglichkeiten sind da, wir müssen sie nutzen. Wir benötigen geeignete, vertrauensvolle Partner, mit denen wir über unsere Finanzen reden können. Allein das Kommunizieren über die persönliche finanzielle Situation hilft, sich darüber klar zu werden, wie viel Geld am Ende des Monats für den Vermögensaufbau übrigbleibt, je mehr desto besser. Einkommen, Vermögen und Schulden im Familienkreis zu thematisieren, kann helfen, Ängste abzubauen, weil man erfährt, dass es anderen möglicherweise ähnlich geht wie einem selbst.

 

Finanzielle Bildung ist für alle von uns ein weiterer Baustein, um die Vermögensverhältnisse zu analysieren. Wir müssen die Souveränität über unser eigenes, verdientes Geld erlangen und dem Staat nicht etwas machen lassen, wozu er nicht imstande ist. Der Staat entzieht uns viel zu viel Geld aus unserer Erwerbsarbeit, durch Doppel- und Mehrfachversteuerung derselben Dinge. Er versteuert unser Einkommen bei der Lohnsteuer, nochmals bei der Mehrwertsteuer, und später nochmals auf die gesetzliche Rente.

 

Bei der Geldanlage könnten wir mit guten Freunden und Verwandten über Vor- und Nachteile von Finanzprodukten sprechen. Vieles lässt sich lernen und selbst aneignen. Neben Finanzen sollten auch Versicherungen ein Thema sein. Welche Versicherungen sind sinnvoll, welche nutzlos und kosten nur Geld, das uns schließlich für den privaten Vermögensaufbau fehlt. Wichtig sind in Notfällen auch solche Dinge wie Vollmachten für Konten, Patientenverfügungen und Testamente. Dass wir daran in jungen Jahren noch nicht denken, steht außer Frage, aber das gehört eben zum Übers-Geld-reden mit dazu.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Unser Schicksal ist nicht vorbestimmt. Wir haben Dank unserer geistigen Fähigkeiten die Möglichkeit, unsere Zukunft zu gestalten. Wir können uns Ziele setzen und diese erreichen. Die Dinge, die wir jetzt erledigen, werden sich später auszahlen. Resultate, insbesondere beim Vermögensaufbau, zeigen sich nicht sofort, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Übers Geld sprechen ist nur der erste Schritt. Der zweite Schritt ist zu handeln.

Autor: Leon L. Bensch für aktien-buddy.de erstmals veröffentlicht am 06. November 2022

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