Finger weg

Diese Aktien solltest Du niemals kaufen

Autor: Leon L. Bensch

zuletzt aktualisiert am 27. August 2023

Symbolbild: Manche Aktien sind langfristig keine guten Investments  (adobe.stock.com: ryanking999)

Die Bereitschaft von Privatanlegern langfristig an der Börse zu investieren ist oft mit deren (Miss-)Erfolgen verknüpft. Fallen die Kurse entgegen den Erwartungen, werden Aktien mit Verlust verkauft. Passiert das oft genug, kehren viele dem Aktienmarkt den Rücken. Will man Schiffbruch vermeiden, lohnt sich ein Blick aufs Geschäftsmodell und die Fundamentaldaten der Unternehmen.

Wenn Du Erfolg an der Börse mit Aktien haben möchtest, spielt der Zeithorizont eine entscheidende Rolle. Schließlich kannst Du auch mit einem mittelmäßigen Investment über zehn oder mehr Jahre eine positive Rendite erzielen. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen ein funktionierendes Geschäftsmodell besitzt.


Der Anspruch eines jeden aktiven Anlegers sollte es sein, mindestens die durchschnittliche Rendite eines Index wie den S&P 500 zu erzielen. Dafür wären allerdings aufwändige Recherchearbeit und Analysen verschwendete Zeit. Der Kauf eines Indexfonds auf den S&P 500 oder die Nasdaq wäre mit einem Minimum an Arbeit zu bewerkstelligen und brächte das gleiche Ergebnis.

 

Sind die Geschäftsmodelle der Unternehmen, deren Aktien sich in Deinem Depot befinden, nicht wettbewerbsfähig, dann wird es mit einer höheren durchschnittlichen Rendite im Vergleich zum Gesamtmarkt schwierig. Selbst bei großen Kursschwankungen wird der Aktienkurs eines Unternehmens irgendwann die geschäftliche Wirklichkeit widerspiegeln. Hat das Unternehmen Probleme, die sich lange angebahnt haben oder die sich in naher Zukunft nicht lösen lassen, besteht kein Grund für Optimismus.

Im besten Fall läuft der Kurs seitwärts, weil Anleger die Hoffnung haben, dass das Management die Probleme in den Griff bekommt. Im schlechtesten Fall crasht die Aktie.

Wework Inc.

Eines dieser Problemunternehmen ist Wework. Folgt man den Pressemeldungen im August 2023, dann steht das Unternehmen kurz vor der Insolvenz. Wework ist ein amerikanisches Startup, das weltweit Büroräume und Co-Working-Plätze vermietet. In einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC räumte Wework „erhebliche Zweifel“ am Fortbestand des Unternehmens ein. Kurz: das Unternehmen hat hohe Ausgaben für angemietete Büroflächen, denen nur geringe Einnahmen aus Vermietung entgegenstehen. Die Schulden sind hoch. Seit Corona sind die Umsätze eingebrochen und haben sich nicht wieder auf das Vorkrisenniveau erholt.

 

Wework betreibt unter anderem in Deutschland Büros in den Metropolen Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt am Main und München. Der Miete für einen Arbeitsplatz liegt bei rund 200 Euro. Die Tendenz zu weniger Büro und mehr Home Office, hat auch 2023 nicht nachgelassen. Der Börsengang von Wework über ein SPAC (Special Purpose Acquisition Company) war fulminant gestartet. Seitdem ist der Kurs von etwa 12 US-Dollar auf 0,23 US-Dollar eingebrochen. Wework hat Schulden von 1,4 Mrd. Dollar. Der Gewinn im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 liegt bei minus 2,44 Dollar je Aktie. Der Umsatz stagniert sei 2020 bei etwa 3,3 Mrd. Dollar. Der Free Cashflow ist negativ.

Fazit: Wework muss seine Ausgaben verringern und strebt an, seine Mietverträge neu zu verhandeln. Ob eine Preisanhebung für Arbeitsplätze zu mehr Kunden führt, bleibt fraglich. Wework benötigt frisches Geld. Das Unternehmen könnte Kredite aufnehmen, für das derzeit hohe Kapitalmarktsteuern anfallen. Als zweite Option wäre die Ausgabe neuer Aktien denkbar. Alle Kapitalmaßnahmen gehen zu Lasten des Unternehmens und wirken sich negativ auf die Anteilsscheine, zukünftige Gewinne, und damit auf die Aktionäre aus.

Nikola Corp.

Ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen, von dem Du lieber die Finger lassen solltest, ist der kalifornische Wasserstoff-Truckhersteller Nikola – man könnte auch von einem Luftschloss mit Ambitionen sprechen. Bei diesem Unternehmen liegen Zukunftsvisionen und Betrug nicht weit auseinander. Der Kurs von Nikola wurde innerhalb weniger Wochen von 12 Dollar im April 2020 auf 93 Dollar im Juni 2020 hinaufkatapultiert, nur um kurze Zeit später in sich zu kollabieren.

 

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen keinen Cent verdient. Es hatte noch nicht mal ein Produkt, womit es Geld verdienen konnte. Der in einer aufwändigen Show präsentierte Truck, der mit Wasserstoff fahren sollte, war ein Fake. Es existierte weder ein Truck, noch existierten Umsätze, die jedwede Bewertung des Unternehmens auf einem derartig hohen Niveau rechtfertigen würden. Natürlich könnte man einwenden, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird, aber wer würde Aktien eines Unternehmens besitzen wollen, das einen ständig an der Nase herumführt?

 

Selbst wenn der Truck eines Tages doch noch gebaut werden sollte, wäre das Vertrauen in dieses Unternehmen nicht längst verloren gegangen? Der Gründer von Nikola Trevor Milton wurde wegen des Vorwurfs der Marktmanipulation angeklagt, nachdem die amerikanische Börsenaufsicht SEC eine Untersuchung eingeleitet hatte. Nikolas große Vision basierte laut Anklage vor allem auf Lügen. „Milton hat eine Version von Nikola verkauft, die nicht der Realität entsprach.“ Die Staatsanwälte nahmen auch Nikolas PR-Strategie ins Visier. Milton habe sich „gezielt an Kleinanleger gewendet“ und habe „falsche und irreführende Aussagen in den sozialen Medien, im Fernsehen und in Zeitungs- und Podcastinterviews gemacht“, hieß es in der Anklageschrift.

Am 14.10.2022 wurde Milton von einem New Yorker Gericht für schuldig befunden. Leider ist die Börse für viele ein kurzfristiges Geschäft. Warnsignale werden vorsätzlich ignoriert in der Hoffnung schnell reich zu werden. Inzwischen hat Nikola die Zahl der ausstehenden Aktien erhöht, um sich frisches Kapital zu beschaffen. Nikola hat im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 minus 1,78 US-Dollar je Aktie verloren. Das entspricht bei 594 Mio. Aktien einen Verlust von rund einer Milliarde US-Dollar. Der Aktienkurs ist von Juni bis August 2023 von 0,54 Dollar auf 1,75 Dollar gestiegen. Übrigens, einen Wasserstoff-Truck gibt es immer noch nicht - dafür soll jetzt ein Truck mit Elektroantrieb gebaut werden.

Peloton Interactive Inc.

Drittes Beispiel für eine Aktie, bei der Anleger viel Geld verloren haben, ist Peloton Interactive. Das amerikanische Unternehmen verkauft Fitnessgeräte für zu Hause. Als alle Fitness-Studios aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen werden mussten, erhielt Peloton einen rekordverdächtigen Auftragseingang. Der Aktienkurs schoss von 20 US-Dollar innerhalb weniger Monate auf 123 Dollar. Hätten Anleger 50 Aktien zu je 20 Dollar je Aktie gekauft und alle Aktien zu 123 Euro verkauft, hätten sie einen Gewinn von 5.150 Dollar gemacht. Das ist natürlich eine rein hypothetische Rechnung, denn den besten Einstiegspunkt zu finden, ist ein Glücksspiel. Den Ausstieg zu finden, verpassen die meisten Anleger, weil sie glauben, dass die Rallye immer weiter und immer höher geht. Ein Trugschluss.

 

Aber das spielt auch gar keine Rolle, denn die meisten Anleger sind irgendwo bei 50, 60, 70 oder 80 Dollar eingestiegen und haben den Ausstieg verpasst, weil sie zu gierig geworden sind. Das Allzeithoch wurde im Januar 2021 erreicht. Peloton zählte eindeutig zu den Corona-Gewinnern. Wer genau hingeschaut hatte, konnte feststellen, dass Peloton trotz Verkaufsrekorden keinen Gewinn erwirtschaftete. Der Aktienkurs hatte rein gar nichts mit den Fundamentaldaten des Unternehmens zu tun und beruhte auf einer sich selbst befeuernden Rallye.

 

Der Verlust pro Aktie im Jahr 2021 betrug minus 0,64 US-Dollar. Wie sollte es mit dem Unternehmen weitergehen, wenn die Fitness-Studios wieder öffnen würden? Langsam dämmerte es auch den Anlegern und der Kurs kollabierte auf 9 Dollar. Das waren nochmal 50 Prozent weniger als in der Zeit vor Corona. Im Jahr 2022 stieg der Verlust pro Aktie auf unglaubliche minus 8,74 Euro.

Um nicht in die Pleite zu schlittern, musste man sich frisches Geld beschaffen. Das machte man wie immer auf Kosten der Aktionäre. Seit 2017 wurde die Anzahl ausstehender Aktien kontinuierlich von 234 Mio. auf 338 Mio. Stück erhöht.

Fazit

Für langfristigen Erfolg an der Börse solltest Du Aktien von Unternehmen kaufen, die bereits in der Vergangenheit erfolgreich gewirtschaftet haben. Ein Blick auf die Fundamentaldaten, unter anderem die Umsätze und erwirtschafteten Gewinne, zeigen wichtige Kennzahlen, die es ermöglichen ein Unternehmen zu beurteilen.

Unternehmen, die gehypt oder die in Foren empfohlen werden, deren Kurse explodieren und wieder in sich zusammenbrechen, sind keine geeigneten Investmentkandidaten. Ja, man könnte auf einen Turnaround spekulieren, also darauf, dass die Probleme gelöst werden und eine unwahrscheinliche Zukunft eintritt. Aber warum, wenn es tausend andere Unternehmen gibt, deren Erfolg bereits heute sichtbar ist.

Autor: Leon L. Bensch für aktienmitleon.de erstmals veröffentlicht am 26. August 2023

Lust auf mehr? Lass Dir die besten Storys und News von mir jede Woche in deinen Posteingang liefern. Melde Dich hier für meinen Newsletter an!