Autor: Leon L. Bensch
zuletzt aktualisiert am 04. Dezember 2022
Sparen hat oft in unseren Ohren einen negativen Klang. Insbesondere in Krisenzeiten höre ich oft die Aufforderung von besorgten Politikern und Experten ans Volk, dass es Zeit sei den Gürtel enger zu schnallen und zu sparen. Was sie damit meinen ist, "weniger essen und weniger saufen". Den Gürtel enger schnallen hört sich nicht unbedingt nach einem mutmachenden Tipp an, sondern nach Verzweiflung, bald keine Nahrungsmittel mehr im Supermarkt kaufen zu können. Aber nein, so schlimm wird es schon nicht werden.
In Folge solcher Aussagen denken viele beim Sparen zuerst daran, weniger Geld auszugeben zu können, weil alles immer teurer wird und das Geld bis zur nächsten Gehaltszahlung nicht mehr ausreicht. Nur ein kleiner Teil denkt beim Sparen daran, weniger Geld auszugeben, obwohl es nicht sein müsste, sondern es geht vermutlich eher um eine Urlaubsreise weniger im Jahr.
Für den Konsum und die Wirtschaft ist allgemeines Sparen allerdings weniger gut, weil weniger Produkte verkauft werden. Das wiederum bedeutet, dass weniger Produkte hergestellt werden, was wiederum zur Folge hat, dass weniger Menschen gebraucht werden, um diese Produkte herzustellen. Wenn diese Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, verringern sich ihre Einnahmen, was dazu führt, dass sie weniger Geld haben, um es auszugeben. Damit schließt sich der Kreislauf und die negativen Auswirkungen des Sparens werden offensichtlicher, als die positiven. Dies wiederrum nützt den volksnahen Politikern, die die Krise kommen sahen aber nicht willens oder imstande waren, ihr Eintreten zu verhindern.
Wäre es nicht viel besser und erfrischender zu behaupten, dass Sparen, also das Weglassen von Geld für Unsinniges, mehr Geld für Sinnvolles verfügbar macht? Wenn wir Strom sparen ist das eine gute Sache, weil wir weniger Ressourcen verbrauchen. Gleichzeitig bleibt Geld übrig, um es für andere Dinge auszugeben. Beim Einsparen von CO2 durch das sparsame Benutzen eines Benzinautos schonen wir die Umwelt und beim Sparen von Waschmittel gelangen weniger Salze und Mikroplastik ins Wasser. Am besten wäre es jedoch überhaupt kein Auto mit Verbrennermotor und kein salzhaltiges Waschmittel mit Mikroplastik mehr zu kaufen und zu benutzen. Wenn schon öffentlich so viel wie derzeit übers Sparen geredet wird, dann wäre das Streichen der gesetzlich geregelten Dienstwagensubvention nur ein Beispiel von vielen an einer Stelle zu Sparen um es an anderer Stelle sinnvoll zu investieren.
Ein weiterer positiver Aspekt des Sparens ist die eigene finanzielle Unabhängigkeit. Je mehr Geld auf dem Girokonto liegt, desto weniger Angst machen politische Äußerungen über einen enger zu schnallenden Gürtel. Ein Vermögen zu besitzen kann ein Teil der Altersvorsorge sein oder eine in der Zukunft stattfindende Investition in umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Das, was durchs gegenwärtige Sparen übrigbleibt, kann durch die zeitliche Verlagerung des Ausgebens mit der Hinzugabe von Zinsen in den Vermögensaufbau gesteckt werden. Durch das gleichzeitige Nichtausgeben für fettige Pommes und cholesterinhaltige Wurst, Hochprozentiges, spritschluckende SUVs oder klimaschädliche Flugreisen vermeiden wir unser vorzeitiges Ableben von diesem Planeten und versuchen gleichzeitig das Klima zu retten.
Ich stelle mir vor, es ist wie bei einem 3-Gänge-Menü: esse ich weniger von der Vorspeise und vom Hauptgericht, bleibt mehr für den leckeren Nachtisch übrig. Am besten wäre es jedoch, ich bestellte überhaupt keine üppigen Speisen mehr, sondern nur so viel, wie ich benötige um satt zu werden. Sparen ist eine kluge Strategie mit dem Ziel der Umverteilung von Geld von einer Sache, von der ich zu viel habe und der ich viel zu viel Aufmerksamkeit schenke, hin zu einer anderen Sache, von der ich bisher noch nicht wusste, dass es sie gibt.
Ja, wir sollten unbedingt sparen bei solch unnötigen Dingen wie E-Scooter fahren, Online-Supermarkt-Shopping mit Lieferservice, Gratisretouren, Coffee-to-go-Pappbechern, 300-PS-SUVs, Inlandsflügen, Kohlestrom, und vieles mehr, aber bitte nicht beim Essen und Trinken.
Ich betrachte Sparen voll und ganz als etwas Positives, weil es die Wirtschaft dazu anregt, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten, die Menschen tatsächlich benötigen und gleichzeitig ihre Gesundheit fördern und die Umwelt schützen. Der Weg ist noch lang, aber ich ich bin hoffnungsvoll gestimmt. Dinge, die Menschen tatsächlich benötigen und ihren Lebensraum nicht zerstören, werden sie kaufen, wenn sie zu kaufen sind. Ich akzeptiere den Vorwurf einer Seifenblase über die Betrachtung der politisch aufgeladenen Wir-müssen-jetzt-sparen-Debatte, weil ich unterstelle, dass wir alle als Homo Economicus rational über das Angebot von Produkten und Dienstleistungen entscheiden. Ich bestreite nicht, dass Kohlestrom und SUVs in naher Zukunft von der Bildfläche verschwinden, denn billiger Strom ist günstig, und schnelle Autos fahren schnell. Die eigentliche Botschaft soll lauten: Sparen macht uns alle reicher. Aber wir sollten jetzt damit beginnen, ganz egal ob jemand die Krise ausruft oder ob das Ende der Welt für einen keine Rolle spielt. In jedem Fall ist es gut, dass wir heute anfangen darüber zu sprechen, denn in 20 Jahren ist es zu spät.
Autor: Leon L. Bensch ☆ für aktien-buddy.de
☆ erstmals veröffentlicht am 04. November 2022
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