Autor: Leon L. Bensch
zuletzt aktualisiert am 16. Juli 2023
Für viele stark übergewichtige Menschen mit einem BMI jenseits von 29 sollen endlich Medikamente dabei helfen abzunehmen. Die Spritze Wegovy mit dem Wirkstoff Semaglutid des dänischen
Pharmakonzerns Novo Nordisk gilt als große Hoffnung im Kampf gegen die Wohlstandskrankheit westlicher Gesellschaften: die Fettleibigkeit. Die erste Studie ist ernüchtern.
Aktuelle Daten aus den USA zeigen, dass nur etwa ein Drittel der Adipositas-Patienten, denen die Medikamente verschrieben wurden, sie ein Jahr später immer noch nehmen. In einer Studie des Krankenversicherungsdienstleisters Prime Therapeutics wurden medizinische Leistungsdaten von 4.255 Personen untersucht. Im Durchschnitt waren die Personen 47 Jahre alt, 81 Prozent waren weiblich. Voraussetzung war eine Diagnose für Fettleibigkeit oder Prädiabetes oder ein BMI von 30 oder höher. Zwischen Januar und Dezember 2021 erhielten diese Patienten Medikamente aus der Klasse der GLP-1-Agonisten wie Wegovy oder Ozempic. Andere nahmen Saxenda oder die Semaglutid-Tablette Rybelsus.
GLP-Medikamente wurden ursprünglich entwickelt, um den Appetit zu unterdrücken und ein Sättigungsgefühl zu fördern. Den Studienergebnissen nach nahmen ein Jahr nach der ersten Verschreibung nur noch 32 Prozent der Patienten ihr Medikament, gleichwohl welches verschrieben worden war. Die Gründe für den Abbruch der Behandlungen sind bislang nicht klar. (Quelle: Reuters)
Die Behandlung mit den neuen Abnehmmitteln ist sehr kostenintensiv. Während monatliche Kosten von etwa 1.000 Dollar entstehen, kostet die Gesamtbehandlung mit Wegovy einschließlich Versorgung der Patienten im Schnitt 20.000 Dollar. Neben der hohen Selbstbeteiligung der Patienten an den Behandlungskosten sieht Patrick Gleason, einer der Co-Autoren der Analyse, Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen als weitere Ursachen für den vorzeitigen Ausstieg aus der Behandlung.
Fettleibigkeit moderner Gesellschaften belasten unsere Gesundheitssysteme, und damit auch die Sozialsysteme, überproportional. Die erfolgreiche Behandlung von Adipositas mit Wegovy oder ähnlichen Medikamenten erfordert viel Zeit. Es ist letztlich nicht nur eine Frage des Geldes, ob Therapien wie diese eine großflächige Verbesserung bringen, sondern auch eine Frage der Geduld und des Willens jedes Einzelnen, der seine Kilos loswerden will. Es bleibt ein Wunschgedanke, Fettleibigkeit mit Spritzen zu heilen.
Es gehört ebenfalls eine breitangelegte Aufklärung der Bevölkerung über gesunde Ernährung dazu. Genauso wichtig ist die Reduktion von Zucker in Lebensmitteln, was eine verpflichtende Aufgabe der großen Lebensmittelkonzerne sein muss.
Abnehmen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Unternehmen Medifast hat einen guten Ansatz entwickelt, mit kalorienarmen Lebensmitteln sowie durch Beratung von Coaches die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten seiner Kunden zu verändern. Allein die langfristige Veränderung unserer Einstellung zum Essen und Trinken kann eine Veränderung unserer körperlichen Konstitution bewirken.
Seit meiner Analyse hat sich der Aktienkurs von Medifast kaum verändert. Mein positiver Gesamtausblick auf lange Sicht bleibt von der derzeitigen Schwäche unberührt.
Disclaimer: Diese Publikation beinhaltet weder Anlagestrategieempfehlungen noch Anlageempfehlungen gemäß § 85 WpHG und Artikel 20 der Marktmissbrauchsverordnung. Sie erfüllt deshalb nicht die gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Objektivität von Anlagestrategieempfehlungen/Anlageempfehlungen.
Autor: Leon L. Bensch
zuletzt aktualisiert am 28. Juni 2023
US-Amerikaner wiegen durchschnittlich rund 90,6 Kilogramm, Frauen bringen rund 77,1 Kilogramm auf die Waage. Daraus errechnet sich in Relation zur durchschnittlichen Körpergröße der
Amerikaner ein durchschnittlicher BMI (Body-Mass-Index) von 29. Ein normaler BMI-Wert liegt in etwa zwischen 18 und 25. Fakt ist: das Fett muss weg!
Glaubt man der Statistik, dann sind 74% der Amerikaner übergewichtig oder fettleibig. Damit rangiert die USA auf Platz 3 nach Mexiko und Chile. (Quelle: Statista.com)
Ich glaube, jeder würde der These zustimmen, dass nicht nur die Amerikaner in den letzten 20 Jahren an Gewicht zugelegt haben, sondern auch die Deutschen. Übergewicht und Fettleibigkeit ist kein amerikanisches Problem, sondern ein Problem westlicher Gesellschaften. Es irrt, wer dabei nur ans Essen denkt, unzureichende Bewegung, Stress, Zukunftsängste und zu viel Arbeit werden häufig vergessen.
Besonders in Krisenzeiten fangen Menschen an, sich ungesünder zu ernähren. Wenn das Geld knapp wird, die Inflation bei Nahrungsmitteln spürbar ansteigt, und man ohnmächtig politischen Entscheidung zusieht, dann greifen Menschen schnell und gerne zu ungesunden Lebensmitteln, als zu hochwertigen, oftmals teuren Bioprodukten. Die Supermarktpizza ist nicht nur günstig, sondern macht auch dick. Zu viel Zucker macht zwar glücklich und trotzdem auf Dauer krank.
Das Geschäft des amerikanischen Unternehmens Medifast besteht darin, kalorienarme Lebensmittel zu verkaufen und dabei gleichzeitig das Ernährungsbewusstsein seiner Kund:innen zu verändern. Mit dem sogenannten OPTAVIA-Programm zielt Medifast auf genau das häufigste Gesundheitsproblem des Übergewichtes, was zu dramatischen Folgeschäden führen kann wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Fettleber oder Diabetes. Medifast wird oft mit einem Unternehmen für reine Diät- oder Abnehmprodukte verbunden oder aufgrund des sogenannten Coachingprogramms mit einem Multi-Level-Marketing-Unternehmen gleichgesetzt, aber die Herangehensweise von Medifast an die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten mittels Coaching gehen weit darüber hinaus.
Medifast selbst spricht über seine Marke OPTAVIA als eine äußerst wettbewerbsfähige und effektive Lifestyle-Lösung, die sich auf die Entwicklung neuer gesunder Gewohnheiten durch kleinere, grundlegende Maßnahmen konzentriert sowie Veränderungen, sogenannte Mikrogewohnheiten, bewirken möchte. OPTAVIA basiert auf vier Schlüsselfunktionen:
Beispiel gefällig? Hier ist ein Auszug von der Medifast-Website:
Optimal Weight 5 & 1 Plan: Das Essen von sechs kleinen Mahlzeiten pro Tag ist die erste gesunde Gewohnheit, die Sie lernen werden. Mit dem Optimal Weight 5 & 1 Plan geht Ihr Körper in einen sanften, aber effizienten Zustand der Fettverbrennung über, während die Muskelmasse erhalten bleibt. Wählen Sie aus mehr als 60 praktischen, ernährungsphysiologisch austauschbaren und wissenschaftlich entwickelten Fuelings. Zusätzlich zu fünf Fuelings pro Tag lernen Sie eine weitere gesunde Angewohnheit: wie Sie eine Lean & Green Mahlzeit für sich und Ihre Familie zubereiten. Wenn Sie wissen, wie eine optimale Ernährung aussieht, wird gesunde Ernährung zur zweiten Natur.
Was wir nicht wissen, ist, ob Medifast weiter so rasant wachsen wird, wie in der Vergangenheit. Was wir allerdings wissen, ist, dass Menschen dazu neigen, viel zu viel zuckerhaltige und fettige Nahrungsmittel zu essen, viel zu viel Alkohol zu trinken und viel zu faul sind, regelmäßig Sport zu treiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Übergewicht in westlichen Gesellschaften in den nächsten Jahren verschwindet, ist damit ziemlich gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer Phase des Zu-dick-seins und sich Unwohlfühlens immer wieder eine Phase des Abnehmens kommt, ist sehr hoch. Was sind die häufigsten Vorsätze im neuen Jahr? Mehr (oder endlich) Sport; weniger (oder gar keinen Alkohol mehr) trinken; weniger (oder aufhören mit dem) Rauchen. Wir alle kennen die Antwort, wie lange die Vorsätze anhalten.
Dass das Geschäft mit dem Abnehmen ein Milliardengeschäft ist, weiß nicht nur Medifast. Deshalb hat die Abnehmindustrie eine ganze Palette an Mitteln und Rezepten stets parat. Derzeit sorgt das Abnehmmittel „Wegovy“ des dänischen Herstellers Novo Nordisk für viel Aufsehen. Es soll Ende Juli in Deutschland auf den Markt kommen. Der enthaltene Wirkstoff Semaglutid soll zusammen mit einer Diät und Bewegung den Gewichtsverlust unterstützen. Vorgesehen ist die einmal wöchentlich zu verabreichende Spritze für stark übergewichtige Menschen mit einem BMI über 30. In sozialen Medien wurde „Wegovy“ längst gehypt und der Aktienkurs von Novo Nordisk ging durch die Decke.
Weniger Erwähnung fand in der öffentlichen Diskussion, dass die Abnehmspritze allein das Problem des Übergewichtes ganzer Nationen übergewichtiger Menschen nicht löst. Erstens kostet eine einmonatige Behandlung derzeit ca. 1.300 Dollar und zweitens ist eine Änderung der Lebens- und Ernährungsgewohnheit zwingend erforderlich. Gerade bei chronischer Fettleibigkeit führt ein Absetzen des Medikaments zur Gewichtszunahme, erklärte der Chef von Novo Nordisk Lars Fruergaard Jørgensen gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAZ).
Wer nachdenkt kommt zu dem Ergebnis, dass psychologische Beratung und Ernährungscoachings oftmals günstiger, zielführender und nachhaltiger sind, als Fett-weg-Spritzen.
Tolle Geschichten über Menschen, die ihre Pfunde losgeworden sind und Hypes auf Social Media sind eine wunderbare Sache und dienen durchaus auch der Aufklärung. Zahlen sind die Sache der Investoren. Also kommen wir zu den Hard Facts.
2022 erwirtschaftete Medifast einen Umsatz von 1,59 Mrd. US-Dollar nach 1,52 Mrd. Dollar im Vorjahr und 934 Mio. Dollar in 2020. In den letzten 10 Jahren konnte der Gewinn von 1,12 Dollar je Aktie auf 12,82 Dollar je Aktie gesteigert werden, was ungefähr einer Verzehnfachung entspricht. Gleichzeitig kletterte der Free Cashflow von 2,10 Dollar auf 15,89 Dollar je Aktie. Im gleichen Zeitraum wurden stetig eigene Aktien zurückgekauft. Darüber hinaus wurde 2022 eine Dividende in Höhe von 6,40 US-Dollar je Aktie ausgeschüttet. Medifast hat 155 Mio. Dollar an Barmitteln, dem stehen 20 Mio. Dollar langfristiger Verbindlichkeiten gegenüber.
Chart der Medifast Aktie am 28.06.2023
Der Kursrutsch von über -72 Prozent von 334 US-Dollar auf derzeit 92 Dollar ist nicht nur eine Folge des knapp 10-prozentigen Gewinnrückgangs von 2021 auf 2022. Der Hype um die Abnehmspritze von Novo Nordisk spielt sicherlich auch eine Rolle, sowie das verlangsamte Wachstum, das schwächelnde Konsumentenverhalten der Amerikaner und die Einpreisung einer möglichen Rezession. Allerdings scheint der Kursrutsch mehr als übertrieben.
Auf Grundlage der Zahlen des abgeschlossenen Geschäftsjahres liegt die aktuelle P/E bei 7,2. In Anbetracht der langjährigen, durchschnittlichen Wachstumsgeschwindigkeit von 30 Prozent ist das ziemlich wenig. In den vergangen 10 Jahren lag die P/E durchschnittlich bei 20,6. Würde man annehmen, dass Gewinn und Umsatz stagnieren und sich lediglich das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf ein angemessenes Niveau angleicht, müsste der Aktienkurs irgendwo zwischen 150 und 220 US-Dollar liegen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Ausblick für das 2. Quartal 2023, den das Unternehmen geliefert hat, nicht besonders rosig aussieht. Angestrebt werden 250 bis 270 Mio. Dollar Umsatz. Im 2. Quartal 2022 lag der Umsatz noch bei 453 Mio. Dollar. Man erwartet also einen Rückgang um 43 Prozent. Beim Gewinn erwartet das Unternehmen zwischen 1,32 und 1,44 US-Dollar je Aktie. Ein Jahr zuvor standen 1,69 Dollar je Aktie in den Büchern. Wenn die Prognosen eintreffen sollten und im Laufe des Jahres keine Verbesserung eintritt, dann wären Kurssteigerungen vorerst vom Tisch.
Der langfristige Aufwärtstrend ist immer noch intakt. In den letzten beiden Wochen war vermehrtes Kaufinteresse zu beobachten. Der nächste Widerstand, den es nachhaltig zu überwinden gilt, liegt bei 98 Dollar. Danach wären weitere Kursanstiege bis 114 Dollar und 131 Dollar möglich. Sollte es jedoch zu einem Rücksetzer kommen und die Marke bei 79 Dollar nachhaltig gebrochen werden, könnte das Corona-Tief bei ca. 55 Dollar angesteuert werden.
Da ich bereits Aktien von Medifast besitze und ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis erkenne, stocke ich meinen Bestand auf. Unabhängig davon sollte man jedoch gerade jetzt bei weiter steigenden Leitzinsen das gesamte Marktumfeld im Blick haben und hier bei Interesse nur eine erste Einstiegspositionen eingehen und die weitere Entwicklung beobachten.
Disclaimer: Diese Publikation beinhaltet weder Anlagestrategieempfehlungen noch Anlageempfehlungen gemäß § 85 WpHG und Artikel 20 der Marktmissbrauchsverordnung. Sie erfüllt deshalb nicht die gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Objektivität von Anlagestrategieempfehlungen/Anlageempfehlungen.
Autor: Leon L. Bensch ☆ für aktienmitleon.de ☆ erstmals veröffentlicht am 28. Juni 2023
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